Category: randnotiz

Randnotiz #2

Inwiefern hat Sprache einen Einfluss darauf, wie ich mich fühle?
Mir ist aufgefallenen,  dass dreimal, nachdem ich mit Marc Luxemburgisch geredet habe , ich kurz danach so richtig abgestürzt bin … und nicht so wirklich wusste, wieso das passiert …  ich erstmal keinen Zusammenhang gesehen da es genug in meinem Leben gibt was als Trigger für mentale, emotionale Reaktionen oder Flash Backs dienen könnte hat es mich etwas Zeit gekostet, um eine Idee zu bekommen, dass da eventuell was zusammenhängen könnte …

Dass ich Deutsch schreibe, mittlerweile, ist eine bewusste Entscheidung.
Die Sprache meines Alltags soll auch die Sprache sein, in der ich arbeite. Und: Englisch nervt so ein bisschen, in mir hat sich so eine Müdigkeit ausgebreitet, was das Englisch angeht. Auch wenn ich noch immer nicht gut Deutsch schreibe, mich nicht gut und nuanciert ausdrücken kann, ich eine Flachheit spüre. … trotzdem … es ist jetzt die Sprache, die ich nutze. 
Also, ich eigne sie mir an.  
Denn, so wirklich traue ich es mir nicht. Denn Deutsch gehört den Deutschen, so habe ich das in meinem Unterbewusstsein gespeichert. 
Sich nach 24 Jahren Berlin bekomme ich noch Kommentare über meine Deutschkenntnisse, mein Akzent (ob da einer ist oder nicht und wenn ja, wie sich das anhört) Dabei gibt es eine Menge Deutsche, die ruhig sich etwas mehr Mühe könnten mit ihrer Sprache 😉

Luxemburgisch ist nicht mehr meine Sprache, war es nie ganz, und wird nicht mehr sein.

Etwas bewegt sich in mir, wenn ich sie spreche. Und es ist etwas, wovon ich mich distanzieren möchte, immer, sofort, das gleiche Gefühl was ich habe in Luxemburg: Ich will weg. Mir ist übel, ich werde schwer und unbeweglich, wie gelähmt, verliere das Gefühl, dass ich gehen darf, weg gehen kann aus eigener Kraft 
Ich wollte dort immer weg. 
Raus aus dem Gefühl “Familie”. Bis heute ertrage ich warme Räume mit Sofas und geschlossenen Fenstern und wenig Licht in irgendwelchen traditionellen Familienkonstellationen nicht. 
Ich will dann flüchten, Zigaretten rauchen in der Kälte, leere weiße geordnete Räume, mich bewegen, stundenlang laufen.
Raus. 
Ja. 
Inwiefern war mein Wohnen in Berlin das Entfernteste, was möglich war … nicht geografisch, aber es ist der Ort, der in meiner Familie der Letzte gewesen wäre wo sie hingezogen wären.

Und jetzt?
Dieses Projekt ist Luxemburg, ist luxemburgisch, ist Familie. Vielleicht ist es ein Teil von der Geschichte, mit der ich kann und vielleicht ist es ein Teil, der auch mir erlaubt eine andere Art der Beziehung zu meiner Familie zu haben.
Manchmal habe ich ein schlechtes Gewissen, dass ich hier bin, dass ich lieber hier bin, dass ich nicht mehr nach Luxemburg fahre, dass ich mich nicht genug um meine Familie “kümmere”, dass ich kein Bedürfnis habe dort zu sein.
Und
Ich bin hier zuhause. In Berlin.

Und ich habe Angst. Hier. Heute, in 2024,

Randnotiz #1

(wer keine Lust hat  persönliches von mir zu lesen, das zu lesen was so bei mir so kommt während ich hieran arbeite, der kann die “Randnotizen” einfach ignorieren …)

Marc ist in Warschau, während er dort den luxemburgischen Botschafter trifft, sitzt ich zuhause und arbeite mich durch alte Fotos und mails.
die mails die ich mit meinem Vater ausgetauscht habe 2017. 

Nach was suche ich?
Nach einem Gefühl von dazu gehören?
Eine Verbindung aufbauen zu einer Vergangenheit, zu meinem Vater?
Im Rahmen von meinem Wühlen in alten mails ist mir ein Foto aus 2017 aufgefallen: Mein Vater, mein Bruder und ich.
Das Gefühl was hochkam ist schwer beschreibbar.
Ich wollte weg. Mein Magen schnürt sich zusammen. Ich fühle Leere. Verlust. Hoffnungslosigkeit. Und eine Einsamkeit die in mir Fluchtgefühle auslöst.

Es ist „nur“ ein Foto.
Ich habe es meiner Therapeutin gezeigt. Obwohl ich nicht wusste was ich da zeige, keine konkrete Frage hatte. Nur das dunkle leere Gefühl. Ihre Bemerkung zur Unverbundenheit die sie sieht auf dem Foto hat mich in der ersten Sekunde fast „offended“ … und einen Bruchteil von Sekunde später haute es so rein. Ja. 

Wie konnte ich das nicht sehen? Das ist dieses Gefühl also!
Wieso weiss ich das nicht schon lange?

Das Absurde ist, dass das Foto was für Aussenstehende so offensichtlich dieses Nicht in Kontakt miteinander sein ausstrahlt, eins ist was ich als relativ verbunden charakterisieren würde.
Und: ich verstehe langsam, dass in meiner Familie Nähe und Liebe und Verbundenheit ersetzt wurde durch leere Gesten, „Rituale“, Gewohnheiten. Von der Seite meiner Mutter kam dazu Kontrolle, Eifersucht, Klammern.

Und ich habe das übernommen.
Und gleichzeitig weiss ich, dass das nie zu Verbundenheit und Kontakt führt.

Also, ich merke es. Denn ich bin und war immer einsam.
Das mit in Beziehung sein, Kontakt spüren, ich konnte das nicht.
Auch ich habe es verwechselt mit all dem vorher genannten.
Und ich brauche diese Verbundenheit so.
Das in Kontakt kommen mit Menschen um mich. 

Abgetrennt sein ist für mich das Allerschlimmste.
Und wenn ich die innere Verbundenheit, den Kontakt in der Begegnung nicht fühle, dann ist das mal kurz weg sein von einer mir wichtigen Person eine Katastrophe.
Ich brauche immer mal wieder ein „ich lebe, ich denke kurz an Dich“. Ich brauche wenig und wenn das wegfällt dann falle ich in ein dunkles Loch der absoluten Abgetrennheit und wird meine Einsamkeit so unaushaltbar schmerzlich dass ich mir wünsche nicht mehr zu sein.

Alleine zu sein damit, mich nicht verständlich machen zu können was passiert in mir in solchen Situationen, das gibt mir zusätzlich ein Gefühl von Ohnmacht und noch grösserer Einsamkeit … und eine Scham, dass ich nicht “normal” bin, eine Belastung, denke, dass das doch endlich mal aufhören müsste …
Und dann schlucke ich wieder und mache weiter … tue irgendwann so als ob Alles fein ist. Rede es mir auch ein. Die Hoffnung mich zu “besseren”, endlich normal zu werden …
Bis zum nächsten crash …

Ein anderes Bild aus 2017.
und ich denke ich habe diese Einsamkeit in mir immer wieder neun inszeniert. Innen und aussen – in allen Aspekten meines Lebens.